2/23/2013

Mann Macht Frau

Ich bin heute mehr oder weniger via Twitter über einen Blogeintrag von Merle Stöver gestolpert, in der sie über eine Solidemo berichtet, wo der Frauenanteil an Redner_innen geringer war als der Männeranteil. Aber das war eigentlich nur der Ausschlag für ihren Blogeintrag. Am Besten hier nachlesen.

Da ich ein_e Freund_in von Diskussionen bin (gerne auch intermedial) möchte ich ihre Gedankengänge gerne aufgreifen und weiterführen.

Ich bin der Ansicht, dass wir nach wie vor in einer patriarchalen Gesellschaft leben. Das zeigt sich überall. Das zeigt sich im alltäglichen Sexismus, denen Frauen nach wie vor ausgesetzt sind. Das zeigt sich in der Sprache, wo eher vom "Erzähler" als von der "Erzähler_in" gesprochen wird. Und auch in der, wie von Merle angesprochenen Erwartung, dass eine Position am Besten männlich, weiß und heterosexuell besetzt sein sollte.
Wir als Frauen werden in diese Gesellschaft hineingeboren und sind ihr zumindest in den ersten Jahren in gewisser Weise ausgeliefert. Dabei übernehmen wir unbewusst Vorstellungen, wie eine Führungsperson_ zu erscheinen (nämlich männlich, weiß, heterosexuell!) hat, und was unsere Funktion dabei ist: hübsch sein, gut aussehen, nicht nachfragen. Die Rollenbilder, die eben Frauen zugeschrieben werden. Macht passt da nicht rein. Und das passt vor allem dem Mann, der weiß und heterosexuell ist, ganz gut. So hat er nämlich freie Bahn.

Als Frau hat man meist nur eine Chance, wenn man mittels gesellschaftlich Männern zugesprochener Eigenschaften, zum Beispiel kalt, kompromisslos, hartherzig, kühl u. Ä. auftritt. Zumindest glaubt man das als Frau.
Das dem nicht so ist, sind sich eben wenige Frauen, trotz emanzipatorischer Erziehung, nach wie vor nicht bewusst; ich glaube, das patriarchale System steckt da noch viel zu tief in uns drinnen. Grund sind Umwelt, Schule, Erziehung, das tägliche Leben. Wir sind eben nicht die, die die Regeln machen, nach denen gespielt wird. Wir sollen nach Regeln spielen, uns anpassen. Und der Feminismus gibt uns die Chance, das zu ändern. 

Spätestens dieser Satz sollte uns klar machen, dass die Einstellung Feminismus nicht nach dem Ende igendeiner Konferenz zu Ende sein sollte darf.
Feminismus muss Teil vom Leben eines jeden Menschen werden, die_der sich selbst als Feminist_in bezeichnet und als Ziel eine Zukunft gesetzt hat, in der alle Geschlechter gleichgestellt nebeneinander und miteinander leben können.

Einige Beispiele:
  • Es kann nicht sein, dass, wenn man selbst für Feminismus eintritt, das Gendern im außerpolitischen Leben plötzlich unterlässt. Gegendert kann überall werden. Und sollte es auch.  

  • Wenn bei Demos Redner_innen gesucht werden, sollten diese selbstverständlich quotiert sein. Alles andere würde das eigene Denken unglaubwürdig erscheinen lassen. So etwas gilt auch bei Kongressen, wo Workshops mitangeboten werden. Sind die Referent_innen quotiert? Wurde da jemals darauf geachtet? Nein? Warum nicht?

  • Wie Merle auch schon gesagt hat: Frauen müssen weiterhin empowered werden. Das fängt bei Grundlagenseminaren, nur für Frauen angeboten an, die innerhalb Organisationen und Verbänden stattfinden sollten. Das darf dort aber nicht aufhören. Wenn Frauen eine Frage haben, sollten diese die Möglichkeit haben, diese auch stellen zu können, ohne Angst zu haben, dafür ausgelacht zu werden - und das egal wen. Wenn gefragt wird, sollte geantwortet werden - egal von wem. 

Ich kenne viele Feminist_innen, die das, was ich gerade angerissen habe, schon umsetzen. Ich würde mir wünschen, wenn das alle tun würden.
Egal, wann und wo - Feminismus kennt eben keine Grenzen, und macht keinen Feierabend.

Ich fände es auch cool, wenn es schon anders wäre.




2/19/2013

"Ich möchte keine Schürzenjägerin sein!" - oder: Gedanken zu einem Blogpost der Jusos im Bund

Erst gestern stieß ich auf ein Bild bei Facebook von den Jusos, der bereits am 14. Februar veröffentlicht worden war. Passend dazu gibt es auch einen Blogeintrag im Juso-Blog, den ich euch ebenfalls nicht vorenthalten möchte.

Eines bekamen sowohl dieser Blogeintrag als auch das Bild sofort: meine volle Aufmerksamkeit.
Leider aber nicht im positiven Sinne, wie ich nach längerem Überlegen bzw. erst am nächsten Tag feststellen musste.

Warum möchte ich hier kurz darlegen, um evtl. auch eine parteiinterne Diskussion darüber (wenn auch erst nachträglich) mitanzuregen.

Das Erste, was mir auffel, war das Bild, gepostet mit folgender Überschrift bei facebook: "Schluß mit Schürzen und Rollenbildern. Schluss mit Sexismus - Werde auch du Schürzenjägerin! Es ist Zeit dafür! #onebillionrising"
Den ersten Teil dieses Slogans kann ich gerade noch so nachvollziehen. Den ersten Teil des zweiten Satzes auch - (da stehe ich auch voll und ganz dahinter!). Den Satz "Werde auch du Schürzenjägerin! Es ist Zeit dafür!" dagegen überhaupt nicht mehr. 

Für alle uneingeweihten Personen: 
Der Begriff "Schürzenjäger" bezeichnet männliche Personen, die den Sexismus verkörpern, und ist seit Beginn des 20. Jahrhunderts bekannt. Ein "Schürzenjäger" ist eine Person, die Jagd auf Schürzen nimmt, wobei Schürzen als (Haus-)Frauen verstanden werden sollen. Frauen sind nur begehrte Trophäen für den "Schürzenjäger", sonst würde dieser keine Jagd auf sie nehmen. Dass der "Schürzenjäger" nicht "Frauenjäger" genannt wird, und der erste Teil des Wortes, das Menschen bezeichnet, durch ein Objekt im Plural ersetzt wird, zeigt deutlich den Wert der Personen für den "Jäger".
Für den "Schürzenjäger" sind Frauen nur Befriedigung seiner körperlichen Gelüste; dabei geht es vor allem um die sexuellen. Dabei schreckt der "Schürzenjäger" auch nicht davor zurück, Frauen sexuell zu belästigen, um die Aufmerksamkeit seiner Beute auf diesen zu ziehen: Pfeifen - Grabschen - Respektlosigkeit, kurzum: Sexismus pur. 

In dieser Überschrift werde ich auch aufgefordert, Schürzenjägerin zu sein. 
Ich weiß nicht, ob eine Marketingfirma versucht, da wahnsinnig lustig zu sein. Aber ich finde das so lustig, dass mir das Lachen im Hals stecken bleibt.

Abgesehen davon, dass es schon falsch wirkt (selbst wenn man es schreibt!), die Personifikation des Sexismus, dem ich auch - wie viele andere Frauen tagtäglich ausgesetzt bin - im wahrsten Sinne des Wortes zu feminisieren (1. da das weibliche Pendant, quasi als Neuwortschöpfung dazu gebildet wird, und, 2. da dieses Wort als Begriff im Kampf gegen Feminismus genutzt wird), möchte ich noch ganz kurz schreiben, warum ich nicht als Feministin auch als Schürzenjägerin bezeichnet werden möchte: 
1. Ich jage nicht. Ich vertrete eine Ansicht, von der ich überzeugt bin. Gerne auch gegenüber Menschen, die diese Ansicht (noch) nicht haben.
2. Ich möchte keine menschenjagende Person sein.
3. Ich sehe Menschen (egal ob diese feministisch eingestellt sind oder nicht) nicht als Schürzen. 

Ja, mir ist klar, dass das anders gemeint ist. Und dass es um die Jagd auf (ein) Rollenbild_er geht. Aber bitte nicht so. 
 Einen besonders faden Beigeschmack erhält das FB-Posting zusätzlich durch den Hashtag #onebillionrising. Was das genau ist, könnt ihr detailliert hier nachlesen. Mehr möchte ich dann eigentlich dazu auch garnicht mehr sagen. 

Zu dem Bild: Frauen dargestellt ohne Gesichter (nicht einmal alle mit Schürze). Ist ja nicht so, dass ich das nicht schon täglich sehen muss: Frauen dienen schon oft genug als "Füllmaterial" für Bildhintergründe.
Warum nicht abstrakt umsetzen? - Vorurteile in Worte formuliert, die erschossen werden. Oder mit einer Fliegenklatsche erschlagen werden. Oder so. 
Aber naja. Da gerne Schwamm drüber. 

Im Nachhinein hätte ich da einfach aufhören sollen. Dann wäre der Blogeintrag hier auch "schon" zu Ende. 
Habe ich aber nicht. 
Einen Blogeintrag zu diesem Thema geschrieben gibt es auch.

Dieser beginnt so:
"Darf Feminismus lustig sein? Kann man beim Thema Sexismus überhaupt lachen? Kann man überhaupt noch albern sein, bei allem was man so erlebt, hört und bei “Aufschrei” zu lesen bekommt? Ich denke, man darf."

Wow, hart. Die Person, die diesen Text geschrieben hat, sagt, in einem Zug, dass Feminismus lustig sein darf (yepp, da stimme ich btw zu! - dazu gleich mehr), aber auch, dass beim Thema Sexismus gelacht werden kann und ruhig albern sein kann, bei allem, was man so erlebt, hört und bei #Aufschrei zu lesen bekommt.

Da wurde aber kräftig ins Fettnäpfchen gelangt. Wahrscheinlich war ist es garnicht so gemeint. Aber so steht es - unglaublich missverständlich - da.

Ich kann und will nicht beim Thema Sexismus lachen. 
Ich kann nicht albern sein, bei dem, was ich bei #Aufschrei so lese. Mir wird schlecht davon.

Mir wird auch schlecht davon, und ich konnte bisher noch nie so darüber lachen und albern sein, wenn mir wildfremde Menschen hinterhergepfiffen haben, und auch "im Gedränge auf einem Volksfest" "versehentlich" die Hand auf meinen Popo gelegt haben. Nur um zwei Beispiele zu nennen.

Im Text geht es so weiter: 

"Dass wir mit Sexismus und stereotypen Rollenbildern jeden Tag zu kämpfen haben, ist keineswegs lustig. Die spannende Frage ist nur: Wie bekämpfen wir Sexismus? Bei der Entgeltungleichheit, bei der ungerechten Verteilung der Familien- und Hausarbeit und selbst bei sexistischer Werbung kämpfen wir für Gesetzesänderungen von denen wir uns endlich Gleichstellung erhoffen. "
Word.

Und dann so:
"Doch was tun gegen Typen, die in der S-Bahn der Frauen angrabschen? Was tun gegen Stereotype in Kinofilmen, in denen Frauen zu Sexobjekten degradiert werden? Was tun gegen bescheuerte Witze im Beruf und in der Partei?  Da wird es schwieriger mit Gesetzen etwas zu erreichen.
Dazu brauchen wir einen gesamtgesellschaftlichen Wandel. Ein Umdenken. Ein immer wieder drauf verweisen: “Sexismus ist zum kotzen und Sexismus ist nicht lustig.”"

Grundsätzlich auch Word. (Auch wenn mir da noch x-weitere Beispiele einfallen würden, die nicht heteronormativ sind.)
Was mir da fehlt, sind Konsequenzen; zum Beispiel auch, wie in den eigenen Reihen Sexismus in Zukunft verhindert werden kann. Sexismus ist nämlich (leider) auch inzwischen Teil der eigenen Parteikultur geworden, und viele Vorfälle kommen garnicht erst ans Tageslicht. Spannend wäre da zum Beispiel ein Awareness-Team bei allen größeren Parteiveranstaltungen.

Zu guter Letzt:
"Feminismus darf hingegen lustig und albern sein. Um zu irritieren. Um Fragen auszulösen. Feminismus darf auch mal mit Rollenbildern spielen, um sie bloß zu stellen. Deswegen ist meine Meinung:
Bekämpft Sexismus! Jagt Schürzen! :-)"

Ja, Feminismus darf lustig sein. Schürzenjagen ist nicht lustig (aber das Thema hatten wir ja gerade -).
Also nochmal: Feminismus darf lustig sein, muss Aufmerksamkeit erregen. Aufmerksamkeit erregen könnte man auch durch krasse Beispiele, die schockieren; das schreckt ab, also ist das mit dem lustig sein, schon der coolere Weg. Zumindest in der Politik, wenn für etwas begeistert werden soll.

Es darf auch gerne mit Rollenbildern gespielt werden - eine Möglichkeit wäre die Darstellung von männlichen Personen in Szenen, die weiblichen Personen zugeschrieben werden, um Rollenbilder zu dekonstruieren.
Das fände ich wirkungsvoller, nur so als Bespiel.

Wie dann Feminismus lustig sein kann?
Ein Beispiel: 
Ich finde das Armband, das mein Freund (und sein bester Freund) immer noch trägt, sehr lustig, und hat meine Eltern nachträglich irritiert: Auf dem Armband steht "Kampfemanze".
 

Bei Fragen, Anregungen und Kritik findet ihr mich unter @JoSommerfugl bei Twitter

Bei Bedarf werde ich den Artikel dann auch gerne editieren.